Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen
Mehr als 8.000 potenziell gefährliche Schiffswracks liegen auf dem Grund unserer Ozeane. Mehr als 1.500 sind Tanker. Mehr als zwei Drittel stammen aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Mehrheit von ihnen muss als für die Meeresflora und -fauna akut gefährlich angesehen werden. 70,7 % der Erdoberfläche oder 360.570.000 km² sind von Wasser bedeckt. Selbst wenn wir unsere kühnsten Träume rasch wahr werden lassen und mittelfristig 100 Forschungsschiffe losschicken, bleiben jedem einzelnen von ihnen 80 Wracks, verstreut auf einer Fläche zehnmal so groß wie Deutschland, die es zu suchen, finden, untersuchen und zu dekontaminieren gilt.
Zum Glück ist die Lage nicht so aussichtslos, wie sie scheint! Die – zumindest ungefähre – Position vieler Wracks ist bekannt, was den Suchaufwand signifikant begrenzt. Die Mehrheit liegt in moderaten Tiefen im Epipelagial (bis zu 200m). Leider ist dies aber auch der „empfindlichste“ Bereich der Ozeane.
Im Vorfeld versuchen wir, ihre Positionen so genau wie möglich einzugrenzen. Das so definierte Suchgebiet wird Schritt für Schritt mit Echoortung analysiert. Dazu schleppen wir Side-Scan-Sonare hinter unseren Booten her, die – über eine gekoppelte GPS-Ortung – extrem hochauflösende Karten des Meeresbodens erstellen. Unter guten Bedingungen können wir ein Gebiet von einem Quadratkilometer pro Stunde nach Wracks absuchen. Wenn wir etwas “Verdächtiges” finden, schicken wir einen Tauchroboter, auch ROUV (remotely operated underwater vehicle) genannt, hinunter. Wenn ein Fund bestätigt wird, versuchen wir, das Wrack zu identifizieren. Das ist normalerweise am einfachsten, wenn man es direkt betaucht. Je nach Tiefe kann dies mit Luft und offenem Kreislauf oder mit Mischgas in einem geschlossenen Kreislauftauchgerät erfolgen (siehe: Technisches Forschungstauchen). Sobald ein Wrack identifiziert ist, müssen die Rechte mit den Eigentümern ausgehandelt werden. Bis dahin ist es im Allgemeinen nicht erlaubt, das Innere des Wracks zu betauchen – zumindest nicht offiziell.
Natürlich ist es auch notwendig, die Position absolut geheim zu halten, um unsere Verhandlungsposition nicht zu gefährden. Die allermeisten Wracks aus den Weltkriegen enthalten jedoch kein Gold oder andere Schätze, sondern hauptsächlich Öl, Munition und Schrott. Daher erwarten wir im Allgemeinen kein übermäßiges Interesse an den Eigentumsrechten der Flaggenstaaten (denn das würde bedeuten, dass sie ihre Verantwortung für die Giftstoffe anerkennen würden). Allerdings befinden sich auf vielen Wracks Materialien, die auf den ersten Blick nicht wertvoll aussehen, aber dennoch recht wertvoll sind und somit auch zur Deckung der Dekontaminationskosten beitragen können, Stichwort: Low-background-Stahl / Blei. Bevor jedoch überhaupt nach Wracks gesucht werden kann, müssen Forschungsschiffe gebaut, Erkundungs- und Tauchausrüstungen angeschafft und die Besatzungsmitglieder für ihre zukünftigen Spezialeinsätze umfassend geschult werden.
Wenn ein Forschungsschiff schließlich in See sticht, müssen die laufenden Kosten wie Wartung und Reparaturen, Hafengebühren, Versicherungen, Verbrauchsmaterialien, Tauchgase und vor allem der Lebensunterhalt der Besatzung gedeckt werden. Um all dies finanzieren zu können, ist es notwendig, einen Aspekt von Schiffswracks zu vermarkten, nämlich die Tauch- und Bergungsrechte. Schiffswracks sind ein echter Magnet für Sport- und Tec-Taucher, je unerforschter, desto interessanter. Und genau diese Tatsache ermöglicht es uns, sie zu dekontaminieren. Weltweit gibt es mehr als 20 Millionen Sporttaucher. Sie müssen erreicht werden, sie müssen in die Suche, Erkundung und Dekontaminierung der Wracks einbezogen werden. Die große Mehrheit von ihnen ist sich des Problems noch nicht bewusst! Um diese unglaubliche Anzahl von Schiffswracks aufzuspüren und zu identifizieren, sind viele ehrgeizige, professionelle Besatzungsmitglieder und wirksame Instrumente erforderlich. Genau aus diesem Grund haben wir beschlossen, unsere Boote und Schiffe selbst auf nachhaltige und umweltfreundliche Weise zu bauen. Mehr zu diesem Thema unter Werft.
Coastal Clean-ups
Bei unseren Tauchgängen stoßen wir immer wieder auf große Mengen anderen Mülls auf dem Meeresboden und natürlich an den Küsten und Stränden. Wir organisieren mehrmals im Jahr Strandsäuberungen und bergen dabei Geisternetze, Autoreifen, Küchenherde und manchmal sogar ganze Autos vom Meeresboden. Wir sind eine der wenigen Organisationen, die das auch in Tiefen jenseits der üblichen Sporttauchgrenze von 40-45 Metern können und suchen mit unseren erfahrenen Spezialisten den Meeresboden in Tiefen von mehr als 100 Metern ab.